Vorweg: Die letzten 15 Monate waren die bisher spannendsten, aufregendsten und verrücktesten meines Lebens. Im September 2019 wurde unser Sohn geboren und wir verkrochen uns in unser Nest, um uns kennenzulernen, sehr viel zu kuscheln und uns auf ein gemeinsames Leben einzugrooven. Ein halbes Jahr später brach dann die Pandemie COVID-19 aus und hielt die Welt zunächst für eine unbestimmte Zeit ihren Atem an.
Zu Beginn der Schwangerschaft entschied ich mich in Absprache mit meiner Freundin dazu, für 15 Monate in Elternzeit zu gehen. Irgendwann ein Kind zu haben, war mein lang gehegter Wunsch, weshalb ich es als großes Privileg verstand, mein Berufsleben für unser Kind herunterzufahren. Und was soll ich sagen: Diese Zeit genoß ich in vollen Zügen, sodass ich darüber, diese Entscheidung getroffen zu haben, nicht hätte glücklicher sein können.
Laut Statistisches Bundesamt waren im Jahr 2019 fast ein Viertel aller Mütter, deren jüngstes Kind unter 6 Jahren ist, in Elternzeit. Unter den Vätern traf dies nur auf 1,6 % zu. Mein Wille war es nicht zu den 1,6% zu gehören. Ich wollte möglichst alle Entwicklungsschritte meines Kindes innerhalb des ersten Jahres miterleben, ihn an Spielplätze ranführen (schaukeln ist ganz hoch im Kurs), ihm seinen ersten Brei geben, seine ersten Schritte mit ihm erleben, schließlich mit ihm die Kindergarteneingewöhnung machen und meiner Lebensgefährtin die Möglichkeit geben, wenige Monate nach der Geburt weiter an ihrer Promotion zu arbeiten. Wir teilten uns die Sorgearbeit paritätisch auf.
Realität ist jedoch auch, dass das bestehende Elterngeldsystem gepaart mit der Gender Pay Gap dazu beiträgt, dass viele Familien aus rational-ökonomischen Gründen die Entscheidung treffen (nicht selten sogar müssen), die der Großteil der jungen Eltern trifft; Frau* = Sorgearbeit, Mann* = Arbeit. Ich wünsche mir, dass wir diese Asymmetrie, zum großen Teil auch Ungerechtigkeit, perspektivisch hinter uns lassen können. Solange die Gender Pay Gap nicht geschlossen wird, muss der Staat für junge Familien Anreize schaffen, die Frauen gleichstellen und letztlich dazu führen, dass die Elternzeit-Entscheidung nicht auf Basis der Einkommen gefällt werden müssen.
Eine weitere Dimension darf meines Erachtens dabei nicht außer acht gelassen werden: Unser (kollektives) Mindset! Männer, bzw. die Gesellschaft samt Arbeitgeber:innen, darf ihre Einstellung zur Sorgearbeit von Babys gerne ändern. Denn Care-Arbeit ist natürlich nicht nur Frauensache. Wickeln, spielen, füttern, Bücher vorlesen, alltägliche Einkäufe im Drogerie- und Supermarkt, die Teilnahme an Krabbelgruppen und das Abhängen auf Spielplätzen. Das war in den letzten 15 Monaten meine Lebensrealität, die ich jedem Papa empfehlen kann.
Junge Eltern bekommen viele vermeintlich »gute« Ratschläge, aber, wenn ich nur einen mit meinen Leser:innen teilen dürfte, dann wäre es folgender: Trefft eure Entscheidung – insofern es euch finanziell möglich ist – nicht aus rein ökonomischen Gründen. Sprecht darüber, was auch deiner Partnerin gut täte und trefft unkonventionelle Entscheidungen. Das, was die Elternzeit mir und meinem Sohn gebracht hat, nämlich das Urvertrauen zueinander aufzubauen, ist vermutlich mehr Wert als ein paar zusätzliche Euro auf dem Bankkonto.
*In meinem Beispiel habe ich die hetero-normative Version gewählt. Ich möchte darauf hinweisen, dass es diverse und pluralistische Elternkonstellationen gibt, die ich miteinbeziehe und gleichzeitig darauf hinweise, das jede Konstellation seine eigenen Herausforderungen mit sich bringen.